Kloster Schiffenberg

Lage/Anschrift: 35394 Gießen

Im Chor der Basilika des Schiffenberges liegt auf dem Boden eine Grabplatte mit Wappen. Das Wappen stellt einen Widderkopf dar, das Wappen der Familie v. Buseck. Stilistische Merkmale des Wappens und der weiteren Zier der Grabplatte – eines Lebensbaumes – datieren die Platte laut Azzola in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts – der Zeit, in der Gernand v. Buseck im Kloster lebte. Sehr wahrscheinlich ist die namenlose Grabplatte ihm zuzuordnen.

Außenansicht
(c) Heimatkundlicher Arbeitskreis Buseck e. V.

Innenhof
(c) Heimatkundlicher Arbeitskreis Buseck e. V.

Grabplatte v. Buseck
(c) Heimatkundlicher Arbeitskreis Buseck e. V.

“…Zu dem erstin claget he, daz man ieme nit gehaldin habe als sin brief saget…”
Von Schwierigkeiten der Alten- und Krankenversorgung im Mittelalter
Albrecht Kaul †, Alten-Buseck

In Urkunden, die von zwei Angehörigen des Busecker Adels berichten, erfahren wir beiläufig, wie im Mittelalter Unmut und Streit um Versorgungsfälle entstanden und behandelt wurden.
Als im Jahre 1323 der Trierer Erzbischof Balduin das Augustinerchorherrenstift Schiffenberg auflöste und die Anlage dem Deutschordenshaus Marburg übergab, traf er auch Anordnungen über die in ihrer bisherigen Stellung beraubten Chorherren: sie konnten in den Deutschen Ritterorden eintreten oder in ihrer alten Ordenstracht auf dem Schiffenberg bleiben; was sie für ihr Leben benötigten, sollte ihnen der Deutsche Ritterorden geben. Unter den davon Betroffenen waren auch zwei Adlige des Busecker Tales: Gernand v. Buseck und Werner v.Trohe. Beide fanden sich – wenn auch auf unterschiedliche Weise – mit dieser “Zwangsversetzung oder Frühpensionierung” nicht ab, zumal die neu gebildete Deutschordenskommende offensichtlich die zugesicherte Versorgung nicht leistete.
Der Weg, den Werner v. Trohe ging, um seine Ansprüche durchzusetzen, wird zum Teil in der einzigen Urkunde, die wir über ihn haben, deutlich: Er bemühte sich um rechtliche Unterstützung des päpstlichen Hofes und griff zur Selbsthilfe, indem er gewaltsam Gut des Ordens an sich brachte. Beide Parteien einigten sich schließlich auf ein Schiedsgericht, das mit seinem Spruch weitgehend Werners Anliegen berücksichtigte und die Streitenden zum Ausgleich brachte.
In Gernands Schicksal erhalten wir vornehmlich durch zwei weitere Urkunden etwas genaueren Einblick. Nachdem er zunächst offenbar die Vereinbarung des Trierer Erzbischofs und des deutschen Ordens nicht hatte hinnehmen wollen, unterwarf er sich 1336 beiden und versprach Wohlverhalten. Gleichzeitig erklärte er sich mit der Zahlung einer Lebensrente durch den Deutschen Ritterorden einverstanden. Sie sollte an die stelle von Leistungen treten, die ihm früher zustanden: Einkünft aus einer Pfründe auf dem Schiffenberg und Leiferung von Lebensmittel und Kleidung durch den Ritterorden. Die Besiegelung durch Burgmannen und Schöffen der Stadt Gießen und Gernands Verwandten, den Ritter Johann Riedesel, sicherten diese Regelung rechtlich ab.
Ein unbesiegeltes und undatiertes Schriftstück aus dem Deutschordensarchiv Marburg, das wohl in die Zeit um 1340 zu setzten ist, zeigt allerdings, daß der Weg Gernands damit nicht von weiteren Auseinandersetzungen frei war. Gernand scheint um diese Zeit auf den Schiffenberg zurückgekehrt zu sein, meinte aber über seine Versorgung klagen zu müssen. In dem Schriftstück sind seine Beanstandungen aufgeführt und jeweils dazu die Stellungnahme des Ritterordens.
Einmal, so heißt es, seien ihm zweimal im Jahr zustehende Zahlungen nicht geleistet worde. Das leugnet der Orden nicht, wandte aber ein, Gernand habe seinerseits Schulden nicht bezahlt. Dann beklagte Gernand ungenügende Ausstattung mit Kleidung. Dem widersprach der Orden. Weiter behauptete der einstige Chorherr, man habe ihm weniger zu essen und zu trinken gegeben als den anderen Ordensbrüdern. Hier lehnt der Orden jegliche Schuld ab, wies aber darauf hin, daß der, der nicht zu den gemeinsamen Mahlzeiten erscheine, leer ausgehen könne. Am aufschlußreichsten ist der an erster Stelle aufgeführte Klage- und Streitpunkt: die Krankenversorgung. Gernand brachte vor, als er krank gewesen und im “sichhuse”, d.h. im Krankenhaus der Niederlassung, gelegen habe, sei er nicht wie ein “verehrungswürdiger Priester des Deutschen Ordens” behandelt worden. War schon die Unterbringung eines Kranken in einer Krankenstation des 14. Jh. nichts Alltägliches, so zeigt die Berufung auf den Priesterstand den Anspruch auf Sonderbehandlung.Sie wird in der Verteidigung des Ordens gleich deutlich, denn da heißt es, man habe hohe Ausgaben gemacht, um z.B. Wein, über den man nicht verfügt habe, zu kaufen. Pflegepersonal “an meydin(!) unn an knechtin” ihm zu hakten und andere für ihn notwendige Dinge zu besorgen – für die damalige Zeit wohl eine Unterbringung 1. Klasse!
Wie der Zwist ausging, ist nicht bekannt. Gernand v. Buseck mußte wohl nicht am Hungertuche nagen: 1343 kaufte er Güter in Hausen, weitere Liegenschaften und Rechte, verpachtete sie und bezog daraus Einkünfte.
Nachdruck aus Busecker Geschichtsbrief 1/2003


Quellen:
Wyß, A.: Hess.Urkundenbuch 1.Abt. Bd. 2 Nr. 569,639, Bd. 3 Nr. 1318

Literatur:
Zuletzt Euler, K.H., Das Haus auf dem Berge, Gießen 1984 – Dort auch Verzeichnis der älteren Literatur)
Busecker Geschichtsbrief 1/2003


Nach oben scrollen