Wir kennen sie alle – die Plockstraße in der Gießener Innenstadt. Doch ihr Namensgeber Johann Balthasar Plock dürfte eher unbekannt sein.
Joh. Balthasar Plock wurde 1695 in Gießen geboren und verstarb ebendort im Jahre 1772. Im Sterbeeintrag wird er als “Advocatur et Procurator ordinar” bezeichnet – als Rechtsberater und Ordentlicher Prokurator (Vertreter vor Gericht). In diesen Eigenschaften war er seit 1741 als Stadtsyndikus für die Stadt Gießen tätig, jedoch auch für verschiedene Adelsgeschlechter des Umlandes. So vertrat er die Familie v. Buseck gen. Brand wie auch Teile der in die sogenannte Münch’sche Erbschaft verwickelten Erben. Eine Straße wurde jedoch nicht wegen seiner Tätigkeit für die Stadt nach ihm benannt, sondern wegen seiner umfangreichen Stiftung für die Armen der Stadt Gießen.
Plockstraße in Gießen
(c) Heimatkundlicher Arbeitskreis Buseck e. V.
Plock hatte im Alter von 50 Jahren eine junge Frau geheiratet, die bereits ein Jahr später verstarb. Die Ehe war kinderlos geblieben und Plock hat nicht wieder geheiratet. Als er im Alter von 77 Jahren verstarb hinterließ er an Verwandten fast nur Nichten und Neffen, da seine Geschwister fast alle bereits vor ihm verstorben waren. Sie werden in seinem Testament mit unterschiedlich hohen Legaten begünstigt. Universalerbe seines Vermögens soll jedoch das Armen-Hospital in Gießen werden. Doch auch den erfahrensten Juristen unterlaufen Fehler. Sein Testament liegt in zwei Abschriften vor – ordnungsgemäß unterschrieben, doch es fehlen die Zeugen, welche die Richtigkeit mit ihrer Anwesenheit und Unterschrift bezeugen. Hierin sehen die Verwandten die Chance das Testament für nichtig zu erklären. Um dem Wunsch des Onkels dennoch zu entsprechen bieten sie einen Vergleich an. Zuerst 4.000, dann 8.000 Gulden wollen sie dem Armenhospital für seine Arbeit aus der Erbmasse überlassen. Dies soll der Stadt Gießen im Auftrag des Armenhospitales und ihnen selbst langwierige Prozesse um die Erbschaft ersparen.
Die Gesamtsumme der Plock’schen Hinterlassenschaft wird in den Akten nicht genannt, es gehören jedoch zahlreiche Grundstücke in der Stadt Gießen und im Umland dazu. Das Testament weist explizit auf die Aussenstände seiner Klienten hin. Als Beispiel: Allein zwei Klienten schulden ihm noch über 10.000 Gulden. Die Anbietung von 8.000 Gulden durch die Verwandten Plock’s ist somit eine Kleinigkeit. So mag es nicht verwundern, dass der kaiserliche Notar Anton Moeser im Oktober 1772 die Nachlassenschaft von Joh. Balthasar Plock offiziell in Anspruch nimmt. Höheren Ortes sieht man die fehlenden Zeugen beim Testament nicht so kritisch wie die Verwandten des Verstorbenen es gerne hätten. Bei Testamenten “zu milden Sachen” konnte wohl, zumindest in der Theorie von manch gängiger Praxis abgewichen werden. Es scheint als biete man den Verwandten im Gegenzug zur Anerkennung des Testamentes zugunsten des Armenhospitals eine Erhöhung ihrer Legate an. Hier wurde scheinbar der Wunsch allen Parteien langwierige Prozesse zu ersparen von der Stadt, dem Landgraf und dem kaiserlichen Notar umgedreht – zugunsten des Hospitals.
Liegen die Immobilien der Erbschaft in der Regel in der Stadt Gießen und deren Gemarkung, so gibt es eine Ausnahme. Am 3. Oktober 1772 übernimmt der kaiserliche Notar Anton Moeser folgenden Grundbesitz für das Hospital:
“… die von dem verstorbenen H. Synd. Plock erkaufte von Münchische adl. freye bey Großen-Buseck gelegene Fußmühl mit zwey Gängen, welche der Johannes Leicht auf eine Erb-Leyhe hat, …, und demselben die Eröffnung gethan, daß sein Leyh Herr verstorben sey, und dahero die Nothdurft erforderten, daß weilen der Verstorbene Hf. Synd. Plock das Gießen Hospital zu seinem Universal Erben ernennet habe, ich [Moeser] Nahmens desssen Besitz von abgedachter Fußmühl und darzu gehörigen Scheuer, Stallung, Backhauß, und zwey Gärten ergreife, ihn auch zugleich hiermit anweißen wolle, den Pfacht und alle anderen Abgaben, sie mögen Nahmen haben wie sie wollen, an niemand anders als an gedachtes Gieser Hospital zu bezahlen.”
Nachdruck aus Busecker Geschichtsbrief 1/2023
Quellen:
Literatur:
Busecker Geschichtsbrief 1/2023