Altenstruth – ein Busecker Gemarkungsteil

doch nicht im Busecker Tal

Am 10. Oktober 1752 unterschreibt die Gemeinde Alten-Buseck in Gießen einen Kaufvertrag 1GemA Buseck Bestand AB Nr. 166 mit dem sich ihre Gemarkung um ca. 250 Hektar Land 2Knauß 1975, S. 98 vergrößert. Zur Verdeutlichung der Größe der Hinweis: Heute hat die Gemarkung Alten-Buseck eine Größe von 966 Hektar 3Webseite der Gemeinde Buseck „Unsere Gemeinde – Allgemeine Infos – Buseck in Zahlen“. https://www.buseck.de/CMS/index.asp?PageID=57 abgerufen am 09.09.2024.
Sie hat die nördlich von Alten-Buseck legende Gemarkung Altenstruth 4auch Altenstrudt oder Altenstrut geschrieben gekauft, die sie in den letzten Jahrhunderten zusammen mit Gießen, Staufenberg und Wieseck in der Rechtsform einer Markgenossenschaft nutzte. Gleichzeitig endete mit dem Verkauf die „Markgenossenschaft Altenstruth“.

Innerhalb der Markgenossenschaft Altenstruth, der 250 Hektar Land, befinden sich zudem die Gemarkungen der beiden Wüstungen Weigandshausen und Eckardshausen. Diese waren nach ihrem wüst werden zu der Gemarkung Altenstruth gekommen. Das Areal reichte bis zur heutigen Gemarkungsgrenze am Daubringer Sportplatz hinunter.

Karte von Google Earth – bearbeitet 2024

Deutlich sichtbar wird es mit einer Karte, die die heutigen Gemarkungsgrenzen von Alten-Buseck anzeigt. Die Symbole der obigen Karte wurden hier eingetragen. Die vermuteten Ortslagen sind nur als „ungefähr“ zu betrachten.
Alten-Buseck hat mit dem Kauf von 1752 einen Wald und jede Menge Acker- und Wiesenflächen hinzugewonnen.

Karte vom Geoportal-Hessen – bearbeitet 2024

Was ist die Altenstruth?

Die Altenstruth ist eine aufgegebene Siedlungsfläche – einer Wohnstelle (Ortswüstung) mit ihrer Wirtschaftsfläche (Gemarkung). Sie umfasst von der Fläche her, neben ihrer eigenen Gemarkung auch die ehemaligen Gemarkungen der bereits vor ihr wüst gewordenen Siedlungen Weigandshausen und Eckhardshausen. Irgendwann im 14. Jahrhundert wurden nacheinander alle drei Wohnstellen aufgegeben. Ihre Bewohner zogen meist nach Wieseck und Alten-Buseck. Schaut man sich das Gelände an, so ist es geographisch nicht mit unserem Busecker Tal verbunden, sondern fällt von der Alten-Busecker Höhe her ab in Richtung Lumdatal. Die Wohnstellen und dazugehörigen Gemarkungsflächen gehörten nicht zum Busecker Tal.
Nach der Wüstwerdung der Siedlungen bewirtschafteten die ehemaligen Bewohner die Felder der Gemarkung von ihren neuen Wohnorten aus. Die Gründe für die Auflassung der Wohnstellen waren vielfältiger Natur. Oft handelte es sich um eine Ansammlung weniger Häuser. Seuchen, schlechte Lage, fehlendes Wasser oder einfach ein Bedürfnis nach Schutz – zum Beispiel in Kriegszeiten – in größeren Ansiedlungen konnten dazu führen, dass die Bewohner ihre Höfe aufgaben und wegzogen. Zumeist zog man in benachbarte größere Orte, von denen aus man sein Land bearbeiten konnte. Hierzu boten sich Wieseck und besonders Alten-Buseck an.

Aus dem Jahr 1575 ist und eine Grenzbeschreibung der Gemarkung Altenstruth überliefert. Die Beschreibung von damals lässt sich mit der Nennung der Flurnamen noch heute gut nachvollziehen und bestätigt uns Lage und Größe des Areals: „… sind demnach die Eltesten auß ihnen Vorgetretten undt haben den gangk angefangen bis der hangesteinischen egken fürters gezogen uff egken dero von Busegk hochwalts genant den Egkersberg undt ahn deßelbigen Waldts höher hinauß. Uf den Weigandtshäußer Bergk unndt übernTreißerpfadt, für ters die höhe außen übern Ringelßweg biß sn die Egk unter Jungker Ebert Mönchs seligen strauch hin, der Weg außen biß ahn den alten graben, so an münch5Kauß liest hier „neuen“ strauch gelegen, denselbigen graben vorm Waldt hinein durch die Mutter wießen, den graben hinauß biß an das egk, da der Mönchswaldt undt das Seilbacher holtz zusammen stoßen, undt derselbig graben vorm Se[i]lbacher Waldt hinein biß uff den heimbergk, fürters obwendig dem heimberg, slß vor dem Seilbacher Waldt, hinauß biß auf die Landtwehr den alten graben hinab uff die Kadenbiger wießen, mitten durch dieselbig wieße die lachen hinab, an die Eichwieße undt Landtwehr, ferner an der landtwehr hinauß übern alten struther weg Inn die alte Landtwehr an das Goldthubell, von denen die Landtwehr hinauf biß auf den graßweg undt underm hangelstein an der landtwehr hin, biß auf dem höltzernborn, fürters die egk hinauff, biß an die hangelsteinische Waldtegk da den gang angefangen worden, mit der Anzeige, daß alle derjenigen, so Inn solchem gangk unndt bezirk gelegenen zur alten strudt, auch den Wüstungen Egkershausen undt Weigandtshaußen gehörig, …“ 6HStAD Bestand E 13 Nr. 1534 22. Juni 1575 Bl. 26 verso bis 27 recto, auch E 12 Nr. 21/2 Blatt 2

Zu welcher Herrschaft gehörte die Altenstruth?

Wie im Titel erwähnt gehörte die Altenstruth nicht ins Busecker Tal. Das Busecker Tal war umgeben von zahlreichen Herrschaftsgebieten. Die Ganerbschaft des Busecker Tales beanspruchte für ihre Ortschaften die Reichsunmittelbarkeit. Sie hatte ein eigenes Gericht und wollte nur dem Kaiser unterstehen. Im Südosten lag Lich – zur Zeit der Wüstwerdung im Herrschaftsgebiet der Falkensteiner, später der Grafen von Solms. Im Norden und Westen grenzte das Busecker Tal ab dem 16. Jahrhundert an die hessischen Landgrafen. Wobei im Norden bis 1450 die Stadt Staufenberg Sitz der Grafen von Ziegenhain war. Nachdem der letzte Graf von Ziegenhain, Johann II. („der Starke“), in diesem Jahr ohne männliche Erben verstarb entbrannte ein Erbschaftskrieg, den Landgraf Ludwig I. von Hessen 1495 für sich entschied. Die hessischen Landgrafen führten seit dieser Zeit auch den Titel „Graf zu Ziegenhain, Graf zu Nidda“.
Alten-Buseck lag somit an einem alten Dreiländereck. Zur Zeit der Wüstwerdung der Altenstruth reichte im Norden die Herrschaft der Grafen von Ziegenhain bis an ihre Gemarkung, im Westen der Landgraf von Hessen mit seiner Stadt Gießen. Dass die Ortschaft Altenstruth, und damit auch Weigandshausen und Eckhardshausen, ursprünglich den Grafen von Ziegenhain gehörten bestätigt ein Conceptschreiben des Jahres 1606 7HStAD  Bestand E 13 Nr. 1534 Bl. 31 recto.
Mit dem wüst werden von Altenstruth bildete sich die „Markgenossenschaft Altenstruth“, an der die Städte Gießen und Staufenberg, sowie die Gemeinden Wieseck und Alten-Buseck Anteile hatten.


Quellen:
HStAD = Hessisches Staatsarchiv Darmstadt
UniA Gießen = Universitätsarchiv Gießen
GemA Buseck = Gemeindearchiv Buseck

Literatur:
Altenstruth. Historische Kulturlandschaft – Schützenswerter Naturraum, Flyer Arbeitskreis Geschichte und Heimatkunde Daubringen, Staufenberg 2007
Volker Hess: Eckardshausen – Ein Blick ins mittelalterliche Lumdatal; in MOHG 93/2008 S. 451-455
Erwin Knauß: Gemarkungs- und Allmendentwicklung in Gießen, Ein Beitrag zur rechts- und verwaltungsgeschichtlichen Stadttopographie. MOHG 47/1963
Erwin Knauß: Markgenossenschaften, Koppelhuten und Weidegemeinschaften rund um Wiesecks Gemarkung. in: Zwischen Kirche und Pforte. 1200 Jahre Wieseck. Gießen-Wieseck 1975, S. 98-137
Georg Wilhelm Justin Wagner: Die Wüstungen im Großherzogtum Hessen. Bd. 1 Darmstadt 1854, S. 174-177

  • 1
    GemA Buseck Bestand AB Nr. 166
  • 2
    Knauß 1975, S. 98
  • 3
    Webseite der Gemeinde Buseck „Unsere Gemeinde – Allgemeine Infos – Buseck in Zahlen“. https://www.buseck.de/CMS/index.asp?PageID=57 abgerufen am 09.09.2024
  • 4
    auch Altenstrudt oder Altenstrut geschrieben
  • 5
    Kauß liest hier „neuen“
  • 6
    HStAD Bestand E 13 Nr. 1534 22. Juni 1575 Bl. 26 verso bis 27 recto, auch E 12 Nr. 21/2 Blatt 2
  • 7
    HStAD  Bestand E 13 Nr. 1534 Bl. 31 recto
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