Der Oberhof in Friedberg

Der Oberhof war im Mittelalter das Gericht einer Stadt, deren Recht auch an anderen Gerichtsorten galt und ihnen auf Anfrage mit Rechtsbelehrungen in Form von Schöffensprüchen half. Das das Gericht Busecker Tal sich nach Friedberg wandte um Rat einzuholen lässt vermuten, dass hier Friedberger Recht angewandt wurde. Warum Friedberg? Nun, das Busecker Tal bestand auf seiner Reichsunmittelbarkeit (Kaiser und König, doch nicht dem Landgrafen, untertan sein). Friedberg war als Stadt Reichsunmittelbar und deren Burg war Sitz der Reichsritterschaft (eine Standesvertretung der unsere Ganerben beigetreten waren). Dies mag erklären warum die Busecker Schöffen sich hilfesuchend nach Friedberg wandten

Es gab in Friedberg zwei Gerichte, das Burggericht und das Stadtgericht. Das Stadtgericht war für das Busecker Tal der Oberhof.
Im Protokollband des Friedberger Stadtgerichtes von 1469-1599 1HStAD C 4 Nr. 89/4 Friedberg liegen 471 Fallanfragen/-entscheidungen vor, von denen 88 Anfragen vom Gericht des Busecker Tals kamen. Dies ist die dritthöchste Anzahl von Anfragen eines Gerichts.
Die Busecker Schöffen, manchmal auch mit Schultheiß, reisten dabei nach Friedberg. Sie brachten ihre Akten und Auszüge aus dem Gerichtsbuch zu Fällen mit, bei denen sie nicht sicher waren welches Urteil sie fällen sollten. Die Friedberger Schöffen hatten da mehr Erfahrung und standen den Buseckern mit Rat zur Verfügung. Der Rat endete meist mit: ‚wäre es hier bei uns, so hielten wir es also dass … ‘. Friedberg gibt den Busecker Schöffen somit nur einen Ratschlag an die Hand. Wie genau sie diese befolgt haben bleibt meist ungewiss. Denn viele der Fälle sind uns nur über die Aufnahme ins Friedberger Gerichtsbuch überliefert. Wobei es sich bei den Einträgen nur knapp um die Tatsache der Streitigkeit handelt, oft ohne genauere Angaben worauf sich die Klagen genau bezogen.
Welche Fälle bereiteten den Busecker Schöffen nun so viel Kopfschmerzen, dass sie sich Rückversicherung aus Friedberg holten? Eine Durchsicht der Einträge lässt vermuten, dass die Schwierigkeiten eventuell eher in den streitbaren Parteien lagen. Man stelle sich vor, dass die der Bauernklasse zugehörigen Schöffen über Streitigkeiten zwischen zwei Adelsparteien entscheiden sollten – eine durchaus knifflige Angelegenheit. Bei der Konstellation Adel gegen Bauern war die Situation auch nicht besser. Entschied man für den Adel, war es Buckeln nach oben, entschied man gegen den Adel machte man sich wohl Feinde. Gleiches gilt bei der Konstellation Bauern gegen Kloster Arnsburg. Die Fälle bei denen beide streitbaren Parteien dem Bauernstand angehören, sind bei der Ratsuche der Busecker Schöffen in der Minderheit.

Schöffen waren im Busecker Tal angesehene Leute, die Stellung war sicherlich erstrebenswert. Die Rückversicherungen in Friedberg zeigen uns vielleicht auch die Kehrseite der Stellung – wie schnell man eventuell auch Fallen kann.


Quellen:
HStAD = Hessisches Staatsarchiv Darmstadt

Literatur:
Elke Noppes (Hrsg.), Thal’sches Rathaus. Geschichte und Geschichten, Buseck 2015 – Schriftenreihe des Heimatkundlichen Arbeitskreises Buseck e. V. Heft 17
Elke Noppes: Gerichtsakten, in Thal’sches Rathaus S. 119-124


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    HStAD C 4 Nr. 89/4 Friedberg
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