Belzer Mühle

weitere Namen: Germermühle, Schmidtmühle
Lage/Anschrift: Zur Mühle 6, 35418 Buseck- Trohe
Zustand: stillgelegt um 1950
Errichtet:  1727
Infos: Wassermühle an der Wieseck

Die Belzer Mühle ist eine der jüngsten im Busecker Tal. Sie wurde 1727 von Johann Philipp Neeb erbaut.
Der Nachnamen Neeb gehört einer alten Müllerfamilie, die seit Generationen auch im Busecker Tal beheimatet war. Wir finden die Familie Neeb auf der Mönchmühle in Beuern und auf der Großmühle in Alten-Buseck. Ausserhalb des Tales finden wir ihn unter anderem in Treis und auf der Strupp-Mühle in Wieseck.

Belzemühle

Belzer Mühle
(c) Heimatkundlicher Arbeitskreis Buseck e. V.

Die Entstehungsgeschichte der Belzermühle beginnt  auf der Strupp-Mühle 1Die Struppmühle war seit Beginn des 17. Jahrhunderts im Besitz der Familie Strupp. Gekauft hatte sie im Jahre 1609 der landgräfliche Kanzler Johann Strupp von Gelnhausen, der von 1605 – 1617 in der Regierungskanzlei in Gießen amtierte (Knauß, S. 196). Im Jahre 1725 verstarb als letzte Erbin dieser Familie die Witwe des Obristen Strupp in Heidelberg. Die Mühle fiel dem Landgrafen anheim. Die folgende Schilderung basiert auf der Akte des Staatsarchivs Darmstadt (HStAD) E 10 Nr. 3062: Als sein Notar sie mit Wiesecker Bürgern als Zeugen für den Landgrafen in Besitz nimmt erfahren wir den Namen des damaligen Müllers. Es ist ein Johann Philipp Neeb mit seiner Frau Anna Catharina und seinen Kindern. Er erkennt bei der Inbesitznahme der Mühle den Landgrafen als seinen neuen Lehnsherrn an und verspricht pünktlich seine Abgaben zu leisten.
Bald darauf bringt er seine Abgaben nach Gießen in die Kellerei und spricht ein, ihm wohl auf der Seele liegendes, Thema an. Da er die Mühle sowieso in Bau und Besserung halten muss wünscht er sich etwas Sicherheit und würde die Mühle gerne im Erbbestand besitzen. Dafür bietet er dem Landgrafen 400 Gulden an.  Es kommt anders als gedacht. Den Landgrafen hat er damit scheinbar auf eine Idee gebracht. Er übergibt nicht Johann Philipp Neeb die Mühle für die Summe von 400 fl, sondern schreibt die Mühle zur öffentlichen Versteigerung aus. So kommt es am 26. Juli 1725 zur Versteigerung. Eingangsgebot sind die vom Müller Neeb gebotenen 400 fl. Doch insgesamt sieben Bieter treiben den Preis nach oben. Am Ende erhält Johann Philipp Neeb den Zuschlag, es kostet ihn allerdings 1015 fl sowie 32 Achtel Korn jährlicher Pacht. Dazu kommt die Verpflichtung auf neun Jahre gar 42 Achtel Korn zu zahlen. – Der Preis war deutlich gestiegen.
Am 4. März 1726 schreibt der Müller Johann Philipp Neeb einen Brief an den Landgrafen. Darin stellt er erstmal richtig, dass nicht er die Mühle ersteigert hat, sondern sein Sohn Johann Philipp. Auch er würde die Mühle gerne behalten, schließlich lebt er schon fast 28 Jahre auf der Mühle und hat das verfallene Anwesen wieder vollkommen Instand gesetzt, so „daß jeder Mann solches loben muß“. Doch der Kaufpreis sei viel zu hoch und er (und damit auch sein Sohn) sieht sich nicht so einfach in der Lage ihn zu zahlen. Ihre Barschaft reicht nicht, und Geld hat man ihm keines geliehen. So bittet er die Summe in zwei Hälften zahlen zu dürfen.
Der Bitte wird wohl nicht stattgegeben. Der Landgraf belehnt am 26. September 1726 den aus Lollar stammenden Conrad Stamm mit der Strupp-Mühle.
Trotz des bereits vergebenen Lehnsbriefes an Conrad Stamm versucht erst Joh. Philipp Neeb  jun., dann die ganze Familie weiterhin den Landgrafen zur Überlassung der Mühle an ihn zu bewegen. Man bietet eine noch höhere Kaufsumme. Der Landgraf steht dem zwar wohlwollend gegenüber, da ihnen die Bezahlung der Summe allerdings nicht gelingt, verlieren sie im September 1726 ihre Mühle. Ein verzweifelter, spannender Kampf den Vater Neeb und seine Söhne Johann Philipp jun. und dessen Bruder Johann Ludwig hier vergeblich führen um die Mühle zu behalten und der hier leider nicht ausführlich geschildert werden kann.
. Nachdem sie die Strupp-Mühle verlassen mussten stellte Johann Philipp Neeb d.J. 1727 den Antrag an den Landgrafen in Trohe eine neue Mühle errichten zu dürfen 2in einem undatierten Brief – HStAD E 12 Nr. 53/5. Mit Trohe verbinden ihn familiäre Bande. Sein Großvater mütterlicherseits war Troher Müller.
Neeb begründet seinen Antrag wie folgt: Er sei von Jugend an im Mühlenbauen und mahlen tätig und verstehe sein Handwerk argumentiert er. Nun möchte er eine eigene Mühle um in seinem erlernten Beruf sein Brot selbständig verdienen zu können. In Trohe hat Neeb ein Privatgrundstück gekauft, das sich zum Errichten einer Mühle eignet. Da er Mühlenarzt sei könne er vieles selber erledigen und Kosten sparen.
Vom Landgrafen erbittet er die Genehmigung für eine Mühle mit einem Mahlgang. Mühlen sind Bauten und Einrichtungen die, im Gegensatz zu Wohnhäusern, ohne landesherrliche Genehmigung, hier der Landgraf, nicht errichtet werden dürfen. Das Schreiben des Kammerrats Wittich in Gießen mit dem er das Gesuch Johann Philipp Neebs an den Landgrafen weiterleitet datiert vom 18. März 1727. Wittich hat sich das Gelände angesehen, seines Erachtens eignet es sich für eine Mühle mit Mahlgang. Da niemand Einwände gegen das Vorhaben erhoben hat befürwortet er das Gesuch des Johann Philipp Neeb und empfiehlt die Genehmigung mit einer Festsetzung der Pacht auf drei Achtel Korn. Die sind dem Landgrafen aber zuwenig, er möchte vier Achtel Korn als Pacht haben. Sein Cammerrat Wittich steht allerdings deutlich  auf Seiten des Müllers. Vier Achtel Korn erbringt die Mühle allem Anschein nach nicht. Die Pacht soll bei drei Achtel Korn festgesetzt werden. So genehmigt der Landgraf den Bau der Mühle auf Kosten des Johann Philipp Neeb, und damit für den Landgrafen risikolos, mit Datum vom 1. Mai 1727. Die zu entrichtende jährliche Pacht wird auf drei Achtel Korn festgesetzt. Ein Bruchteil dessen, was an jährlicher Pacht von der Strupp-Mühle zu entrichten ist.

Damit begann aber keine Zeit des blühenden Wohlstandes. es fehlte dazu an einer Grundvoraussetzung: der Arbeit. Neeb errichtete in Trohe eine Mühle zu der es keine Banngerechtigkeit gab. So war er gezwungen sich seine Arbeit zu suchen. Die Bewohner des Busecker Tales mussten auf ganerbschaftlichen Mühlen mahlen lassen. Dazu gehört auch die Troher Mühle, nicht jedoch die von Joh. Philipp Neeb gerade erbaute Mühle.
Die Mühle ist kaum in Betrieb, da gibt es schon den ersten Ärger mit den anderen Müllern und den Ganerben des Busecker Tales. Im Februar 1728 geht eine Beschwerde beim Landgrafen ein. 3HStAD E 12 Nr. 53/5 Johann Philipp Neeb klagt über Behinderungen durch die Vierer und Ganerben des Busecker Tales die ihm nicht erlauben in den Ortschaften des Busecker Tales sein Mahlwerk zu holen, oder dass ihm die Bewohner es bringen dürfen.4HStAD G 26 A Nr. 523/3 Zudem klagt er über deren Müller, die in Annerod und Hausen ihr Mahlwerk holen, obwohl sie dorthin keine Banngerechtigkeit haben und im Tal genügend Mahlwerk für sie zur Verfügung stände. Die Ganerben haben ihm gar verboten in diese Ortschaften zu fahren. Konkurenten sind hier besonders der Mittelstmüller Johann Philipp Kahl und der Großmüller Georg Ebert Wagenbach. Im Grunde geht es mehr um Annerod 5Warum ist Annerod so wichtig für den neuen Troher Müller? Wie bereits geschrieben mussten die Ortschaften des Busecker Tales ihr Mahlwerk bei ganerbschaftlichen Mühlen mahlen lassen. Das hieß, er konnte keine Kundschaft aus den umliegenden Orten Alten-Buseck, Rödgen, Großen-Buseck und aus den etwas entfernteren Orten Oppenrod, Burkhardsfelden und Albach erwarten. Steinbach gehörte Mühlenbannmäßig nach Albach, fiel somit auch weg. Sein Vater hatte bereits bei den Übernahmeverhandlungen der Strupp-Mühle von einem Bann der Wiesecker auf ihre Mühlen gesprochen. Gießen hatte eigene Mühlen. Eine der wenigen Ortschaften die halbwegs gut zu erreichen waren und die ihr Mahlwerk bei Mühlen ihrer Wahl mahlen lassen konnten war Annerod.. Nach Hausen möchte Neeb nicht fahren, es ist ihm zu weit weg und er ist sich nicht sicher ob nicht andere dort ebenfalls Ansprüche erheben.

Eigentümer und Müller

1727-1731Johann Philipp Neeb
1731-Anna Maria Neeb geb. Euler, Witwe des Johann Philipp Neeb
1732-1742Johannes Hormel d. Ä., zweiter Ehemann der Anna Maria Neeb geb. Euler
nach 1742-Anna Maria Hormel, verwitwete Neeb geb. Euler mit Vater Johann Balthasar Euler (verst. 1760) und ihrem Bruder Johann Conrad Euler
vor 1747-Johann Conrad Euler (verst. 1806)
vor 1794-Johann Philipp Euler (verst. 1794)
1797-Anton Rinn verheiratet mit einer Tochter des Joh. Philipp Euler
1802Henrich Peter Nicolai 6Der Zwierleinsche Pächter Henrich Peter Nicolai kaufte die Mühle für 1496 fl. Nicolai lebte und arbeitete in Großen-Buseck in dem zum Schloss gehörigen Gutshof und wollte die Mühle nicht selber betreiben. Für ihn war sie ein Spekulationsobjekt „welcher er aber solche an den jetzigen Besitzer wieder mit Vortheil verkauft hat“ – HStAD E 10 Nr. 3072
1802-1811 7Eröffnet das Hofgericht den Konkurs über das Vermögen „des flüchtig gewordenen RubricantenJohann Georg Bauer
1811-Ludwig Germer
1823-Max/Markus Schmidt
bis ca. 1832Johannes Reuschling
– 1849Johannes Volk
Christoph Schmidt verheiratet mit einer Tochter des Johannes Volk
– 1946Heinrich Schmidt
– spätestens 1956Wilhelm Schmidt 8Unter ihm wird die Mühle 1956 abgerissen und auf der Stelle ein Wohnhaus errichtet. Wilhelms Sohn Rudolf hat das Müllerhandwerk nicht mehr erlernt. Er war bis 1994 als Vollerwerbslandwirt auf den Ländereien der Mühle tätig.

Quellen:
HStAD = Hessisches Staatsarchiv Darmstadt

Literatur:
Erwin Knauß: Zwischen Kirche und Pforte. 1200 Jahre Wieseck; Gießen 1975


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    Die Struppmühle war seit Beginn des 17. Jahrhunderts im Besitz der Familie Strupp. Gekauft hatte sie im Jahre 1609 der landgräfliche Kanzler Johann Strupp von Gelnhausen, der von 1605 – 1617 in der Regierungskanzlei in Gießen amtierte (Knauß, S. 196). Im Jahre 1725 verstarb als letzte Erbin dieser Familie die Witwe des Obristen Strupp in Heidelberg. Die Mühle fiel dem Landgrafen anheim. Die folgende Schilderung basiert auf der Akte des Staatsarchivs Darmstadt (HStAD) E 10 Nr. 3062: Als sein Notar sie mit Wiesecker Bürgern als Zeugen für den Landgrafen in Besitz nimmt erfahren wir den Namen des damaligen Müllers. Es ist ein Johann Philipp Neeb mit seiner Frau Anna Catharina und seinen Kindern. Er erkennt bei der Inbesitznahme der Mühle den Landgrafen als seinen neuen Lehnsherrn an und verspricht pünktlich seine Abgaben zu leisten.
    Bald darauf bringt er seine Abgaben nach Gießen in die Kellerei und spricht ein, ihm wohl auf der Seele liegendes, Thema an. Da er die Mühle sowieso in Bau und Besserung halten muss wünscht er sich etwas Sicherheit und würde die Mühle gerne im Erbbestand besitzen. Dafür bietet er dem Landgrafen 400 Gulden an.  Es kommt anders als gedacht. Den Landgrafen hat er damit scheinbar auf eine Idee gebracht. Er übergibt nicht Johann Philipp Neeb die Mühle für die Summe von 400 fl, sondern schreibt die Mühle zur öffentlichen Versteigerung aus. So kommt es am 26. Juli 1725 zur Versteigerung. Eingangsgebot sind die vom Müller Neeb gebotenen 400 fl. Doch insgesamt sieben Bieter treiben den Preis nach oben. Am Ende erhält Johann Philipp Neeb den Zuschlag, es kostet ihn allerdings 1015 fl sowie 32 Achtel Korn jährlicher Pacht. Dazu kommt die Verpflichtung auf neun Jahre gar 42 Achtel Korn zu zahlen. – Der Preis war deutlich gestiegen.
    Am 4. März 1726 schreibt der Müller Johann Philipp Neeb einen Brief an den Landgrafen. Darin stellt er erstmal richtig, dass nicht er die Mühle ersteigert hat, sondern sein Sohn Johann Philipp. Auch er würde die Mühle gerne behalten, schließlich lebt er schon fast 28 Jahre auf der Mühle und hat das verfallene Anwesen wieder vollkommen Instand gesetzt, so „daß jeder Mann solches loben muß“. Doch der Kaufpreis sei viel zu hoch und er (und damit auch sein Sohn) sieht sich nicht so einfach in der Lage ihn zu zahlen. Ihre Barschaft reicht nicht, und Geld hat man ihm keines geliehen. So bittet er die Summe in zwei Hälften zahlen zu dürfen.
    Der Bitte wird wohl nicht stattgegeben. Der Landgraf belehnt am 26. September 1726 den aus Lollar stammenden Conrad Stamm mit der Strupp-Mühle.
    Trotz des bereits vergebenen Lehnsbriefes an Conrad Stamm versucht erst Joh. Philipp Neeb  jun., dann die ganze Familie weiterhin den Landgrafen zur Überlassung der Mühle an ihn zu bewegen. Man bietet eine noch höhere Kaufsumme. Der Landgraf steht dem zwar wohlwollend gegenüber, da ihnen die Bezahlung der Summe allerdings nicht gelingt, verlieren sie im September 1726 ihre Mühle. Ein verzweifelter, spannender Kampf den Vater Neeb und seine Söhne Johann Philipp jun. und dessen Bruder Johann Ludwig hier vergeblich führen um die Mühle zu behalten und der hier leider nicht ausführlich geschildert werden kann.
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    in einem undatierten Brief – HStAD E 12 Nr. 53/5
  • 3
    HStAD E 12 Nr. 53/5
  • 4
    HStAD G 26 A Nr. 523/3
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    Warum ist Annerod so wichtig für den neuen Troher Müller? Wie bereits geschrieben mussten die Ortschaften des Busecker Tales ihr Mahlwerk bei ganerbschaftlichen Mühlen mahlen lassen. Das hieß, er konnte keine Kundschaft aus den umliegenden Orten Alten-Buseck, Rödgen, Großen-Buseck und aus den etwas entfernteren Orten Oppenrod, Burkhardsfelden und Albach erwarten. Steinbach gehörte Mühlenbannmäßig nach Albach, fiel somit auch weg. Sein Vater hatte bereits bei den Übernahmeverhandlungen der Strupp-Mühle von einem Bann der Wiesecker auf ihre Mühlen gesprochen. Gießen hatte eigene Mühlen. Eine der wenigen Ortschaften die halbwegs gut zu erreichen waren und die ihr Mahlwerk bei Mühlen ihrer Wahl mahlen lassen konnten war Annerod.
  • 6
    Der Zwierleinsche Pächter Henrich Peter Nicolai kaufte die Mühle für 1496 fl. Nicolai lebte und arbeitete in Großen-Buseck in dem zum Schloss gehörigen Gutshof und wollte die Mühle nicht selber betreiben. Für ihn war sie ein Spekulationsobjekt „welcher er aber solche an den jetzigen Besitzer wieder mit Vortheil verkauft hat“ – HStAD E 10 Nr. 3072
  • 7
    Eröffnet das Hofgericht den Konkurs über das Vermögen „des flüchtig gewordenen Rubricanten
  • 8
    Unter ihm wird die Mühle 1956 abgerissen und auf der Stelle ein Wohnhaus errichtet. Wilhelms Sohn Rudolf hat das Müllerhandwerk nicht mehr erlernt. Er war bis 1994 als Vollerwerbslandwirt auf den Ländereien der Mühle tätig.
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